Mein Freund, der Baum…

Wie jedes Jahr, die schönste Jahreszeit kommt zum Schluss. Weihnachten. Lichter, Tannenduft, Kugeln und kulinarische Köstlichkeiten, Glühwein und alte Lieder, die uns alle an unsere Kindheit erinnern. Und ganz ehrlich,… ich kann es kaum noch erwarten.

Eigentlich ist der Tannenbaum ein Relikt aus heidnischer Zeit, aber wen stört das schon. Ich habe eine Tante, die heißt Christa, weil sie, wie sie selber immer sagte, ein Christkindle ist. Klar, an Weihnachten Geburtstag haben, ist für Kinder nicht gerade schön. Die Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke fallen zusammen und die Menge an glitzernden Päckchen fällt sicher kleiner aus, als bei Anderen. Trotzdem, es ist eben etwas ganz besonderes, wenn der Tag da ist, an dem man einen schön geschmückten Baum vor sich sieht, das Essen besonders feierlich ist und besonders gut schmeckt, Überraschungen dazukommen und womöglich noch Schnee fällt.

Der Christbaum, der an die Geburt Jesu erinnern sollte, tauchte 1419 erstmals in alten Dokumenten auf und war ein Juwel an Weihnachtstafeln für besser Gestellte. Erst im 16. Jahrhundert übernahmen Handwerkszünfte diesen Brauch und ab dem 19. Jahrhundert verbreitete sich diese Sitte über Deutschland hinaus, weil die evangelische Kirche wenig Berührungsängste mit dem Heidentum hatte und die Migrationswellen die neue Welt erfassten. So wurde der Baum, ein Kraftsymbol vorchristlicher Kulturen, weltweit zum Renner der Weihnachtszeit. Geschmücktes Grün gab es indes schon immer. Immergrün und Schmuck galten als Zeichen der Verehrung der Schaffenskraft der Natur.

Tannenbäume waren vor ihrem Siegeszug durch alle Schichten und Länder nicht überall zu haben. Daher fing man an, systematisch Tannen- und Fichtenwälder anzulegen. Sozusagen die Vorläufer einer gut organisierten Forstwirtschaft.

Wie alles, was der Markt hergibt, passt sich auch der Christbaum an gängige Trends an. Den Tannen und Fichten folgte die Nordmanntanne. Aber auch Rot- und Blaufichte waren zwischenzeitlich grüne Hipster im Baumgeschäft. Genauso ergeht es der Baumdeko. Generationen von Frauen- und Lifestylemagazinen fahren ein Arsenal an gestalterischen Geschützen auf, wenn das Christfest naht. Jedes Jahr wird ein neuer Hype ausgerufen. Der Tannenbaum als stylisches Accessoire, das zeigt, wer mit der Mode geht oder wo die Gesinnung des Weihnachtsbaumbesitzers liegt. Auch den Klassiker mit Äpfeln und Nüssen gibt es immer wieder zu sehen. Und sogar das Krippenspiel ist nicht verloren gegangen, obwohl die Affinität zum Glauben bei den meisten Menschen längst geschwunden ist.

Bisweilen gescholten, wegen der unökologischen Anbauweise, reiht er sich heute in die nachhaltig gemanagten Konsumgüter ein und die Bäume werden nach dem Fest recycelt oder beim Osterfeuer verbrannt. Das Interessante ist, dass sich die Mehrheit der Europäer dem Usus angepasst hat, den Baum am 6. Januar, dem Fest der Erscheinung des Herrn, wegzuräumen. In manch katholischer Familie, die um die alten konfessionellen Gepflogenheiten weiß, bleibt er bis zum 2 Februar, Lichtmess, stehen und kommt erst dann weg.

Wenn ich mein Bäumchen betrachte, übrigens ein künstliches, denke ich an den Kreislauf des Lebens, der sich mir zum Jahreswechsel immer aufdrängt. Das Vergangene wird feierlich zelebriert, kommt zum Abschluss und man lässt es los. Im besten Sinne eine Zeit der Besinnung und Freude.

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